Bergbaumuseum um eine Attraktion reicher!
„Rundbau" entführt in eine ferne Vergangenheit
VON ARIANE GRUND
Oelsnitz. Die übermannshohen Bäume lassen kaum einen Strahl Licht auf die Erde. Ganz winzig kommt sich hier der Besucher vor, der umgeben von den unbekannten Riesen rund 300 Millionen Jahre in die Erdgeschichte zurück reist. Just in jene Zeit, als Wälder dieser Art unseren Kontinent bedeckten. Ab morgen ist das Bergbaumuseum um eine Attraktion reicher: Das Herzstück im sanierten und nun eröffneten „Rundbau" ist eine Dauerausstellung zur Entstehung der Steinkohle mit der Nachbildung eines Steinkohlenwaldes.
„Anhand fossiler Funde aus den Gruben im Zwickauer und Oelsnitzer Revier wurde der begehbare Steinkohlenwald nachgestaltet und inszeniert", sagt Museumsleiter Jan Färber. Dazu hat man in den zurückliegenden Monaten einen Großteil der Fundstücke analysiert, anschließend Nachbildungen der Pflanzenwelt geschaffen und in einer Art riesigem Puzzle vor Ort zusammengesetzt. Bäume, Farne und Gräser lassen den Bewuchs im Zeitalter des Karbon eindrucksvoll erahnen. „Vor 300 Millionen Jahren herrschte auch in unseren Breiten feuchtwarmes Klima, in dem neben Schuppen- und Siegelbäumen auch baumhohe Farne und Schachtelhalme gediehen. Diese und andere Pflanzen bildeten die Ausgangsstof fe der Steinkohle", erläutert der Museumsleiter.
Weiterhin kann der Besucher die geologischen Bedingungen, unter denen die Steinkohlenflöze in den Sächsischen Steinkohlenrevieren entstanden, erkunden. „Versteinerungen von Bäumen, Abdrücke von Farnen und natürlich die Steinkohle selbst blieben uns als Zeugen dieses so genannten Inkohlungsprozesses", sagt Jan Färber. Der Schwerpunkt des Oelsnitzer Museums sei gegenwärtig auf die Technikgeschichte ausgerichtet, erläutert der 32-Jährige. Seinen Worten zufolge sollen künftig sozial- und regionalgeschichtliche Aspekte des Zwickau-Oelsnitzer Steinkohlenreviers stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Dazu bietet der wiedereröffnete „Rundbau" nun die besten Voraussetzungen. „Geplant ist beispielsweise eine Ausstellung, die die Hohenstein-Oelsnitzer Überlandbahn thematisiert", gibt Färber einen Ausblick.
Am Wochenende wird das frühere Verwaltungsgebäude des KarlLiebknecht-Schachtes erstmals nach der Sanierung und erstmals seit 1990 für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Es beherbergt nun auch Räume, die man für Tagungen und Feiern mieten kann. Im einstigen Speisesaal der Bergleute, der unter denkmalpflegerischen Aspekten wiederhergestellt wurde, ist eine Fotoausstellung über die Bauarbeiten im Rundbau zu sehen. Diese begannen 2009 und kosteten insgesamt 2,1 Millionen Euro, davon fast 700.000 Euro Fördermittel.
Foto: Marketing-Mitarbeiterin Carmen Bindrich und Museumsleiter Jan Färber begutachten den nachgestalteten Steinkohlenwald. Die Bäume sind zwischen fünf und sechs Meter hoch. -FOTO: ANDREAS TANNERT
FP 22. Oktober 2010
Museales Wissen zum Anfassen
Eröffnungsprogramm
Am Eröffnungswochenende hält das Bergbaumuseum Oelsnitz neben dem Einblick in alle Räume zahlreiche zusätzliche Angebote bereit: Es gibt Mineralien zu bestaunen, Kinder fertigen den fossilen Abdruck eines Farnwedels, und die ganze Familie kann bei einer Museumsrallye durch die neue Ausstellung ihr Wissen über die Entstehung der Steinkohle und das Zeitalter des Karbon testen. Ein Höhepunkt des Sonntags ist die Aufführung des Theaterstücks „Die Schachtziesch erzählt". Oelsnitzer Schüler führen das Stück 15 Uhr im historischen Speisesaal des Rundbaus auf.Geschichte des Museums:
Der Karl-Liebknecht-Schacht (bis 1946 Kaiserin-Augusta-Schacht) wurde 1971 stillgelegt. Ab 1976 bauten traditionsbewusste Bergleute das Museum auf. Nach zehn Jahren Beräumungs-, Aufbau- und Gestaltungsarbeiten konnte es 1986 eröffnet werden. Pro Jahr zählt die Einrichtung etwa 25.000 Besucher. Seit 2000 ist das Außengelände saniert, im Jahr 2005 wurden die Planungen für eine Erweiterung des Museums mit dem 1939 errichteten Rundbau in Angriff genommen.